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Hashimoto-Thyreoiditis

Hashimoto-Thyreoiditis

Hashimoto-Thyreoiditis (Autoimmunthyreoiditis Hashimoto, Chronische lymphozytäre Thyreoiditis): Chronische, autoimmun bedingte Schilddrüsenentzündung (Thyreoiditis), die insbesondere bei Frauen zwischen dem 30. und 50. Lebensjahr auftritt. Meist verläuft die Erkrankung über Jahre hinweg beschwerdearm. Im Verlauf kommt es jedoch durch die teilweise bis völlige Zerstörung des Schilddrüsengewebes zu einer Störung der Hormonproduktion. Langfristig entwickelt sich eine Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose), die jedoch phasenweise von kurzfristigen Überfunktionen (Hyperthyreosen) unterbrochen werden kann. Die Hashimoto-Thyreoiditis selbst ist nicht heilbar. Der dadurch hervorgerufene Hormonmangel lässt sich aber mit der lebenslangen Einnahme von Schilddrüsenhormonen gut beheben.

Symptome und Leitbeschwerden

  • Phasenweises Auftreten einer Schilddrüsenüberfunktion mit vermehrtem Schwitzen, verstärktem Herzschlag, Durchfall und Schlafstörungen.
  • Langfristig Beschwerden einer chronischen Schilddrüsenunterfunktion mit
    • gesteigerter Ermüdbarkeit, Antriebsarmut, Depressivität
    • vermehrtem Frieren, Verstopfung, Gewichtszunahme
    • Haarausfall, trockener Haut
    • verlangsamtem Herzschlag
    • Zyklusunregelmäßigkeiten.

    Wann in die Arztpraxis

    Demnächst, wenn oben genannte Beschwerden ohne erklärbare andere Ursache auftreten.

    Die Erkrankung

    Die Hashimoto-Thyreoiditis ist die häufigste Schilddrüsenentzündung und die häufigste Ursache für eine Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose). Etwa 5 % der Bevölkerung weisen die krankheitsverursachenden Autoantikörper im Blut auf, aber nicht alle leiden unter einer Hypothyreose.

    Frauen sind neun Mal so oft betroffen wie Männer. Die Hashimoto-Thyreoiditis kann in allen Altersgruppen auftreten, am häufigsten ist sie jedoch bei Frauen zwischen dem 30. und 50. Lebensjahr.

    Hinweis: Etwa ein Viertel der Patient*innen mit Hashimoto-Thyreoiditis leidet auch gleichzeitig unter einer weiteren Autoimmunerkrankung, beispielsweise unter Morbus Addison, Morbus Basedow oder Diabetes.

    Krankheitsentstehung

    Bei der Hashimoto-Thyreoiditis handelt es sich um eine Autoimmunerkrankung. Dabei bildet der Körper Autoantikörper. Dabei handelt es sich um Eiweiße, die an Strukturen der Schilddrüsenzellen binden. Diese Antikörper stimulieren die T-Lymphozyten (das sind spezielle weiße Blutkörperchen), das Schilddrüsengewebe anzugreifen und zu zerstören. Dadurch kann die Schilddrüse nicht mehr ausreichend Hormone bilden und ins Blut abgeben, es entsteht eine Hypothyreose.

    Unklar ist allerdings noch, warum einige Menschen diese Autoantikörper bilden. Fachleute vermuten ein Zusammenspiel zwischen genetischer Veranlagung und Umwelteinflüssen wie Infektionen, Selenmangel oder Stressreaktionen. Das weibliche Geschlechtshormon Östrogen soll die Erkrankung begünstigen, männliche Geschlechtshormone ihrer Entwicklung entgegenwirken.

    Formen. Unterschieden wird zwischen der hypertrophen Form, bei der die Schilddrüse sich vergrößert (Kropf), und der atrophischen Form, bei der sie immer kleiner wird. Beide Formen ähneln sich aber in Beschwerden, Diagnostik, Therapie und Prognose.

    Klinik

    Die autoimmune Erkrankung entwickelt sich meist schleichend und unbemerkt über einen längeren Zeitraum. Irgendwann ist so viel Schilddrüsengewebe zerstört, dass die Hormonstörungen beginnen. Häufig kommt es zunächst zu einer vorübergehenden Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose). Dieser auch Hashitoxikose genannte Zustand entsteht dadurch, dass die T-Zellen nicht nur die hormonbildenden Zellen, sondern auch die Hormonspeicher in der Schilddrüse angreifen. Durch deren Zerstörung gelangen große Mengen der Hormone flutartig in den Kreislauf. Im Blut steigt der Hormonspiegel und es entwickelt sich vorübergehend eine Hyperthyreose. Deren typische Anzeichen sind Herzrasen, innere Unruhe, Schlafprobleme sowie Gewichtsverlust trotz gutem Appetit.

    Bei weiterer Zerstörung bilden sich ein Hormonmangel und dadurch eine Schilddrüsenunterfunktion aus. Oft verläuft die Erkrankung auch in Schüben mit einem Wechsel von hyper- und hypothyreotischen Phasen. Sind die Hormone aufgebraucht und das Schilddrüsengewebe zerstört, ist der Hormonmangel der Dauerzustand.

    Schilddrüsenhormone sind an sehr vielen Vorgängen im Körper beteiligt. Dort kurbeln sie den Stoffwechsel an, fördern den Aufbau von Geweben und die Funktion von Herz und Kreislauf. Ihr Mangel führt folglich zu einer Verlangsamung und Drosselung körperlicher und seelischer Prozesse:

    • Allgemeinsymptome. Die Patient*innen fühlen sich müde und antriebsarm, ihre Konzentrationsfähigkeit sinkt und viele entwickeln depressive Beschwerden. Die Verdauung ist verlangsamt, es kommt zu Verstopfung und meist zu einer Gewichtszunahme. Weil die Wärmeproduktion vermindert ist, sind die Betroffenen vermehrt kälteempfindlich.
    • Haut und Haare. Die Haut fühlt sich kühl und trocken an, das Schwitzen ist vermindert. Das Haar ist dünn und brüchig, oft entwickelt sich Haarausfall.
    • Herz. Das Herz schlägt langsamer (Bradykardie), es droht eine Herzschwäche.
    • Geschlechtsorgane. Frauen leiden oft unter Zyklusstörungen, häufig bleiben Eisprung und Blutung ganz aus (sekundäre Amenorrhö).

    Bei einer ausgeprägten Hypothyreose kann sich ein generalisiertes Myxödem entwickeln. Dabei lagern sich langkettige Kohlenhydrate im Bindegewebe ein, ziehen Wasser an und lassen Haut und Muskulatur aufquellen. Teigige Schwellungen von Haut und Schleimhäuten sind die Folge. Diese finden sich an Unterschenkel, Augenlidern, Zunge und Lippen sowie an den Händen und Füßen. Sind die Stimmbänder beteiligt, wird die Stimme rau und das Sprechen mühsam.

    Komplikationen

    In selten Fällen kann es zu einer sehr schweren Komplikation, der Hashimoto-Enzephalopathie, kommen. Mehrere Ursachen werden dafür diskutiert. Eine davon ist eine Kreuzreaktion, d. h. dass die Schilddrüsen-Autoantikörper sich an Nervenzellen binden und zu deren Zerstörung führen. Klinisch zeigt sich dies durch diffuse Funktionsstörungen des Gehirns mit epileptischen Anfällen, Delir und Koma. Die Behandlung besteht aus einer hochdosierten Kortisongabe.

    Die Hashimoto-Thyreoiditis ist auch ein Risikofaktor für das extranodale Marginalzell-Lymphom (MALT), das vor allem im Magen-Darm-Trakt auftritt. Dabei handelt es sich um eine Krebserkrankung.

    Das macht die Ärzt*in

    Diagnosesicherung

    Manchmal führen Beschwerden wie Müdigkeit, Konzentrationsschwäche oder ständiges Frieren die Betroffenen in die Arztpraxis, in seltenen Fällen ist auch die Vergrößerung der Schilddrüse (Kropf) der Anlass für eine Blutuntersuchung. Dabei werden zunächst die Hormone, bei Hormonmangel dann auch die Antikörper bestimmt. Oft kommt man einer Hashimoto-Thyreoiditis auch durch gängige Check-up-Untersuchungen auf die Spur.

    Laboruntersuchungen. Der Hormonmangel wird durch Messung der Schilddrüsenhormone Trijodthyronin (T3) und Thyroxin (T4) erkennbar. Außerdem bestimmt man das in der Hypophyse gebildete TSH (Thyreoidea stimulierendes Hormon). TSH ist der Botenstoff, der die Produktion der Hormone in der Schilddrüse reguliert. Im Frühstadium (Hyperthyreose) sind T3 und T4 erhöht und TSH deshalb erniedrigt. Im weiteren Verlauf sinken T3 und T4 im Blut ab und TSH steigt – die Hypophyse versucht damit vergeblich, die Hormonproduktion wieder anzukurbeln.

    Ob einem Hormonmangel eine Hashimoto-Thyreoiditis zugrunde liegt, überprüft man durch Bestimmung der Autoantikörper. Bei 90 % der Patient*innen ist der Thyreoid-Peroxidase-Antikörper (TPO-AK) positiv, bei 50 % der Thyreoglobulin-Antikörper (Tg-AK).

    Bildgebende Diagnostik. Im Ultraschall lassen sich typische Anzeichen für die Zerstörung der Schilddrüse sehen: ein ungleich ausgebildetes Gewebe und vereinzelte narbige Areale. Meist ist die Schilddrüse verkleinert, die hypertrophe Hashimoto-Thyreoiditis mit vergrößerter Drüse kommt selten vor. Die verminderte Funktion der Schilddrüse kann man mithilfe der Szintigrafie nachweisen bzw. bestätigen. Sie ist daran erkennbar, dass das bei der Untersuchung intravenös gespritzte radioaktive Technetium weniger in die Schilddrüsenzellen aufgenommen wird. Eine Gewebeentnahme (Biopsie) der Schilddrüse ist in den meisten Fällen verzichtbar. Diese Untersuchung wird aber empfohlen, wenn es Verdachtsmomente auf Schilddrüsenkrebs gibt.

    Differenzialdiagnosen. Bei einer Hypothyreose auszuschließen sind andere Erkrankungen der Schilddrüse, wie z. B. die eitrige Thyreoiditis aufgrund einer bakteriellen Infektion, die Riedel-Thyreoiditis (eine weitere Autoimmunthyreoiditis) und die ebenfalls autoimmun bedingte Postpartum-Thyreoiditis, die bei Frauen drei bis sechs Monate nach einer Entbindung auftritt.

    Behandlung

    Eine ursächliche Behandlung der Hashimoto-Thyreoiditis gibt es bisher nicht. Das bedeutet, es besteht keine Möglichkeit, die chronische Entzündung und damit die Zerstörung der Schilddrüse aufzuhalten.

    Behandelt wird deshalb symptomatisch, wobei sich die Therapie nach der Stoffwechsellage der Schilddrüse richtet, also nach Höhe der Schilddrüsenhormonspiegel:

    Im (meist vorübergehenden) Stadium der Hyperthyreose bekommt die Patient*in Thyreostatika. Der Hormonmangel bei Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose) wird dagegen mit der Gabe von Schilddrüsenhormonen behandelt (L-Thyroxin). Die erforderliche Dosis muss dabei individuell angepasst werden. Ziel ist, dass der Blutspiegel von TSH im niedrigen Normbereich liegt. Bei schwerer Hypothyreose beginnt man in sehr niedriger Dosierung und steigert diese langsam, da sonst das Herz zu schnell stimuliert wird. In der Regel ist die Hormoneinnahme lebenslang notwendig.

    Manche Patient*innen haben zwar Autoantikörper, aber noch eine ausreichende Hormonproduktion (Euthyreose). Sie benötigen kein L-Thyroxin. Da im Alter jedoch die Hormonproduktion kontinuierlich abfällt, sollte man regelmäßig die Schilddrüsenwerte überprüfen und gegebenenfalls eine Hormontherapie einleiten.

    Prognose

    Unbehandelt droht die Entwicklung einer schweren Hypothyreose mit all ihren Komplikationen. Wird der Hormonmangel mit der Gabe von Schilddrüsenhormonen ausgeglichen, sind Lebensqualität und Lebenserwartung normal.

    Ihre Apotheke empfiehlt

    Hormone zuverlässig einnehmen. Für den Organismus ist es wichtig, dass die verordneten Hormone regelmäßig und möglichst immer zur gleichen Zeit eingenommen werden. Um eine reibungslose Hormonaufnahme zu erreichen, sollen die Tabletten mit einem Glas Wasser auf leeren Magen geschluckt und danach noch 30 bis 60 Minuten mit dem Essen gewartet werden. Wer seine Hormone lieber abends nehmen möchte, sollte zwei Stunden vorher nichts essen.

    Vorsicht mit Jod. Erkrankte sollten Jod in hohen Dosen meiden, so auch Jodkombinationspräparate (betrifft Schilddrüsenmedikamente, aber auch Nahrungsergänzungsmittel). Jod fördert in höherer Dosierung die Autoimmunprozesse an der Schilddrüse und die Aktivierung von Zellen, welche die Immunprozesse verursachen. Jodreiche Nahrungsmittel wie Seefisch, Sushi, Milch und Milchprodukte sollten eingeschränkt werden. Jodiertes Speisesalz und mit Jodsalz hergestellte Lebensmittel sind vom Speiseplan am besten gänzlich zu entfernen.

24.06.2024 | Dr. Nicole Menche in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Überarbeitung und Aktualisierung: Dr. med. Sonja Kempinski ; Bildrechte: mauritius images/Salarko/Alamy/Alamy Stock Photos